Wer wird Italiens neuer Staatspräsident? (2)

Versprechen, die nicht gehalten werden (können)

Der Rückhalt für Berlusconi ist weniger stark als behauptet

Das Mitte-Rechts-Lager gibt sich geschlossen: Matteo Salvini, Chef der Lega, bekräftigt, dass seine Partei sich an die Vereinbarung halten und auf jeden Fall Silvio Berlusconi wählen wird, wenn er zur Wahl antritt. Gestern einigten sich die drei Parteien aus dem rechten Spektrum darauf, den ehemaligen Minsterpräsident zu unterstützen.

Doch vor, während und nach dem Treffen äußerten alle Beobachter:innen ihre Zweifel am Gehalt dieser Aussage. Denn Berlusconi ist nicht mehrheitsfähig. Das wissen eigentlich auch Salvini und Giorgia Meloni. Darauf deuten auch die weiteren Verlautbarungen des Legachefs hin: Wir werden sehen, ob wir eine Mehrheit haben… Weder Movimento5Stelle, die als Partei über die meisten Abgeordneten in der Wahlversammlung verfügen, noch der Partito Democratico werden Silvio Berlusconi unterstützen. Überhaupt gäbe es also Chancen ab dem 4. Wahlgang, wenn die notwendige Stimmanzahl auf 505 sinkt (von 1009 Wahlberechtigten). Deshalb ließ der Cavaliere über die schillernde Polit-Persönlichkeit Vittorio Sgarbi schon mal alle Parlamentarier:innen anrufen und versuchte sie zu überzeugen.

Eine Niederlage für den eigenen Kandidaten würde das Mitte-Rechts-Lager stark beschädigen. Sie wollen diejenigen sein, die nach der nächsten Wahl Italiens Regierung anführen. Sie wollen eine gewichtige, eine institutionelle Rolle spielen? Dann müssen sie jetzt zeigen, was sie können und das heißt in einer parlamentarischen Demokratie wie in Italien in diesem Fall: Dass sie für das überparteiliche Staatsoberhaupt auch überparteilichen Konsens generieren müssen. Also: eine Kandidatin oder einen Kandidaten finden, der auch für das andere Lager wählbar ist. Rein praktisch, um die notwendigen Stimmen zu bekommen, und politisch-konstitutionell, um dem Gedanken eines Repräsentanten der ganzen Nation gerecht zu werden.

Riskantes Spiel

Salvinis Versprechen, geschlossen hinter Silvio Berlusconi zu stehen, gilt also nur solange, wie weiter an Alternativen gearbeitet und letzterer vielleicht doch noch von einem Rückzug überzeugt werden kann. Insofern ist die Entscheidung von gestern schon wieder die Revision von morgen. Zumal Berlusconis überzeugendstes Argument, nämlich Neuwahlen zu verhindern, wohl ebenfalls kaum Bestand haben wird: Das linke Lager macht dermaßen klar, dass es Berlusconi nicht wollen und wählen wird, dass eine Wahl dem zum Trotz – und womöglich noch mit abgegriffenen Stimmen durch das gegnerische Lager – sofort die Regierungskoalition sprengen würde. Und da auch Regierungspartei Italia Viva überhaupt kein Interesse an Neuwahlen hat, werden sie kaum Berlusconi unterstützen – obwohl Parteichef Matteo Renzi sonst für alle möglichen taktischen Züge offen ist.

Meloni und Salvini spielen somit ein riskantes Spiel. Sie folgen dem Eigeninteresse des ehemalig starken Mannes der rechten, und machen ihn damit wieder stark, wenn ihnen nicht schnell ein Ausweg gelingt. In den undurchsichtigen geheimen Abstimmungen zur Präsidentenwahl mag die eine oder andere böse Überraschung lauern, an deren Ende ein gespaltenes Land, eine gesprengte Regierung und die verbrannte Figur Mario Draghi stehen könnte. Bleibt zu hoffen, die Taktik der beiden Parteichefs von Lega und Fratelli d’Italia geht auf und sie finden eine lagerübergreifende Einigung, die auch Berlusconi einen gesichtswahrenden Ausweg bereitet.