Der Fluch des Euro oder:

Verpasste Reformen führen nie zu einem guten Ende

The main entrance of the „Borsa Building“ in Milan; European Union 2017, Marco Bertorello.

Die Studie des Centrums für europäische Politik und der neueste Bericht der Europäischen Kommission über die Haushaltslage in Italien fügen sich zu einem passenden und zugleich deprimierenden Bild zusammen:

Die Einführung des Euro hat jede einzelne Italienerin 73.605 EUR Verlust gebracht. Das ist der schlechteste Wert in der von den Freiburgern untersuchten Gruppe der Euro-Staaten (vgl. cep-Studie zum Euro). Dieser Wert drückt in simplen Zahlen aus, was für viele Italiener in den vergangenen Jahren wohl indirket spürbar geworden ist: Der Euro – und mithin die EU – bringt uns keine Vorteile, sondern wirtschaftliche Not. Das erklärt die Wandlung Italiens von einem überzeugt pro-europäischen Land zu einem Staat, der EU-Kritiker an die Regierung brachte.

Ein weiterer Teil der Erklärung lautet, dass es schon eher möglich ist, aus der EU – oder zumindest aus dem Euro – auszutreten, als aus dem eigenen Land. Denn nicht nur die jüngste Analyse der EU-Kommission zeigt klar auf, was in Italien versäumt wurde, damit der Euro auch dort eine Erfolgsgeschichte wird: Geringes Wachstum und hohe Schulden seien auf alte, lang bestehende Probleme zurückzuführen wie das mangelnde Funktionieren des Arbeitsmarkts, des Kapitalmarkts und der Dienstleistungen, verschlimmert, wenn nicht mitverursacht durch den miserable Zustand der öffentlichen Verwaltung und des Justizsystems (vgl. La Stampa: Il giudizio della Commissione Europea).

Italiens Politik hat es über Jahrzehnte versäumt, seine Produktivität zu steigern und Arbeit, Produktion und Investion – wie auch Steuermoral – attraktiv zu gestalten. Unternehmerinnen klagen ebenso wie Arbeitnehmer über die vielen Hürden der Bürokratie, schlechte Arbeits- und/oder Produktionsbedingungen und eine unzureichende Infrastruktur. Abwertungen der eigenen Währung hätten Italien sicher geholfen, Defizite gegenüber anderen Ländern auszugleichen. Dass allein der Euro schuld an der Wohlstandsmisere in Italien ist, kann gleichwohl nicht behauptet werden. Italiens Politik trägt entscheidende Verantwortung für diese Entwicklung.

Und die Italienerinnen selbst. Denn in dem Versuch, politische Erneuerung herbeizuführen, verhalfen sie Parteien in Regierungsämter, die entweder nicht den Willen oder nicht den Sachverstand hatten und haben, Italien aus seinen mannigfachen Krisen zu holen.